Telefonstimme erzeugen: So geht’s!

Telefonstimme

In diesem Tutorial zeige ich Dir, wie Du eine Telefonstimme erzeugen kannst. Dieser Effekt lässt sich im Sound Design für verschiedene Dinge kreativ einsetzen. Bestimmt hast Du ihn schon einmal in Musikproduktionen gehört wie beispielsweise im Intro von Meghan Trainors „Dear Future Husband“. Aber nicht nur auf Gesang bietet sich der Telefonstimmen-Effekt an, sondern logischerweise auch immer dann, wenn es darum geht, beim Soundtrack Szenen nachzuvertonen, in denen telefoniert wird.

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Doch bevor ich Dir zeige, wie sich eine Telefonstimme erzeugen lässt, möchte ich wie immer zunächst die Physik dahinter betrachten. Falls Du diesen Punkt überspringen möchtest, kannst Du gerne bei der nächsten Zwischenüberschrift weiterlesen.


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Telefonieren – und die Physik dahinter

Der Frequenzbereich der menschlichen Sprache liegt zwischen 80 Hz und 12 kHz. Bei der Übertragung per Telefon wird dieser Bereich jedoch beschnitten, damit weniger Daten übertragen werden müssen. So reicht der Frequenzbereich bei der Telefonübertragung von 300 Hz bis 3,4 kHz, was einer Bandbreite von 3,1 kHz entspricht. Letztlich werden die Daten bei einer Abtastrate von 8 kHz und einer Bitrate von 8 Bit/s übertragen, was insgesamt eine Übertragungsrate von 64 kBit/s ergibt. Ein sehr geringer Wert!

Trotz der fehlenden Informationen im Frequenzbereich leidet die Sprachverständlichkeit nur wenig darunter. 92% aller Silben sind beim Telefonieren klar erkennbar. Die Satzverständlichkeit liegt sogar noch höher – nämlich bei 99%. Das liegt daran, dass unser Gehirn in der Lage ist, fehlende Informationen logisch zu ergänzen.

Ein Problem gibt es dennoch bei der Datenreduktion: Die S- und F-Laute lassen sich nur schwer voneinander unterscheiden. Deshalb ist es beim Sound Design des Telefon-Effekts am Computer wichtig, dass Du Dich nicht haargenau an die Frequenzwerte hältst, sondern dass Du auch ein Auge auf die Sprachverständlichkeit wirfst. Kommen wir nun also zur Umsetzung…

Telefonstimme: Technische Umsetzung

Als allererstes benötigst Du eine Sprachaufnahme. Da die Qualität bei der Bearbeitung ohnehin ein wenig leiden wird, musst Du nicht unbedingt das allerbeste Mikrofon verwenden. Das soll jetzt aber auch nicht heißen, dass Du extra ein schlechtes Mikro verwenden sollst. Nimm einfach das, was Dein Standard im Studio-Setup ist. Wichtig ist vor allem, dass Du nah am Mikrofon bist, sodass Du nicht zu viel Raumanteil auf der Aufnahme hast. Ist ja auch logisch: Beim Telefonieren hält man sich den Hörer für gewöhnlich nah an den Mund. (Hier erfährst Du, wie Du das Rauschen aus einer Aufnahme entfernen kannst.)

Das bedeutet auch automatisch, dass Deine Schauspieler bei der Tonaufnahme am Filmset an den Stellen schweigen müssen, wo später die Telefonstimme erklingen soll. Du solltest sie also nachträglich in der Postproduktion im Tonstudio aufnehmen.

Um nun die Aufnahme der Stimme nach Telefon klingen zu lassen, benötigst Du vor allem einen Equalizer. Auch wenn meistens noch weitere Effekte zum Einsatz kommen, reicht ein EQ häufig schon aus, um die Basis für eine Telefonstimme zu schaffen. Die zusätzlichen Effekte runden den Sound einfach ab.

Wie also muss man nun den EQ einstellen? Wenn Du den Teil über die Physik dahinter gelesen hast, kennst Du die magischen Frequenzen, auf die der Low-Cut-Filter sowie der High-Cut-Filter eingestellt werden sollten. Betrachte diese Werte aber nur als Ausgangswerte, an denen Du ein wenig drehen kannst. Bedenke: Je höher Du die Frequenz für den High-Cut-Filter einstellst, desto verständlicher wird die Sprache. Allerdings klingt das Ergebnis dann auch immer weniger nach Telefonstimme. Genau andersherum verhält es sich mit dem Low-Cut-Filter: Je niedriger die Frequenz, desto besser die Verständlichkeit – aber eben auf Kosten des Telefon-Effekts!

Das sind meine empfohlenen EQ-Werte

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Du den Low-Cut-Filter sogar bis 500 Hz anheben kannst, ohne dass die Sprachverständlichkeit zu sehr darunter leidet. Beim High-Cut-Filter solltest Du nicht unter 2 kHz gehen.

Dennoch spielt beim EQ ein weiterer Parameter eine ganz wichtige Rolle: Mit dem Q-Wert lässt sich die Flankensteilheit des Filters einstellen. Dieser regelt also, wie radikal die Frequenzen oberhalb des High-Cuts und unterhalb des Low-Cuts abgeschnitten werden. Eine hohe Flankensteilheit gewährleistet einen radikalen Schnitt – jedoch nicht ohne Nebeneffekt. Es entsteht eine Resonanz bei der Cutoff-Frequenz, sodass Du hier nach Gehör die Werte einstellen solltest. Gerade obenrum finde ich die Resonanzen richtig schön, um einen ganz offensichtlichen Telefon-Effekt zu kreieren. Aber das ist auch Geschmacksache.

Des Weiteren kannst Du einen zusätzlichen Bandpass-Filter einsetzen, um ein Frequenzband bei etwa 1500 bis 2000 Hz anzuheben. Je nach Flankensteilheit des High-Cut-Filters variieren auch hier die Werte. Ich weiß: Du willst endlich was Konkretes haben… 🙂

Telefonstimme EQ Einstellungen
Screenshot: Cubase Studio EQ

Im Screenshot siehst Du die Einstellungen, die ich für ein Projekt mit Telefonstimme gewählt habe. Ich habe dafür den Studio EQ von Cubase* eingesetzt. Aber keine Angst! Selbst mit einem kostenlosen Programm wie Audacity kannst Du EQ-Einstellungen vornehmen und so eine Telefonstimme erzeugen.

Und ja, ich bin mir bewusst, dass es in jedem EQ-Plugin auch ein Telefon-Preset gibt (eine Voreinstellung mit den passenden Werten). Dennoch schraube ich in den meisten Fällen noch ein wenig an den Reglern, um den perfekten Sound zu finden.

(Übrigens: Eine praktische Frequenztabelle findest Du hier!)

Weitere Effekte

Wie gesagt lässt sich mit einem EQ das Grundgerüst einer Telefonstimme bauen. Ich möchte Dir trotzdem noch weitere Effekte zeigen, die ich gerne nutze:

  • Kompressor: Mit einem Kompressor lässt sich die Dynamik komprimieren. Das bietet sich gerade bei einer Telefonstimme an, um den Sound etwas gequetscht klingen zu lassen.
  • Saturation / Distortion: Mit dieser Art von Effekten lässt sich eine Sättigung beziehungsweise eine Verzerrung erzeugen. Gerade bei einer Telefonstimme macht es absolut Sinn, die Klangqualität auf diese Weise zu beeinflussen.
  • Bitcrusher: Mit einem Bitcrusher lässt sich die Auflösung eines Sounds künstlich nach unten rechnen. Dies ist eine tolle Möglichkeit, um die geringe Datenübertragung beim Telefonieren zu simulieren. Stelle dazu den Wert auf 8 Bit.
  • Modulation: Modulations-Effekte arbeiten mit Dopplungen des Originalsignals, die zeitlich versetzt wiedergegeben werden. Sie ähneln in ihrer Funktionsweise somit einem Delay. Jede DAW hat ihre ganz eigenen Modulations-Effekte mit den ausgefallensten Namen. In Cubase habe ich zum Beispiel den Metalizer, mit dem ich sehr gerne arbeite. Wie der Name schon sagt, gibt er dem Signal einen metallischen Charakter und kann so die Tonqualität künstlich verändern.

All diese Effekte schalte ich in der Effektkette VOR den Equalizer. Des Weiteren kannst Du Deine Datei in 8 kHz (siehe Abtastrate beim Telefonieren) exportieren und dann erneut in das Projekt importieren.

Der ultimative Feinschliff

Du bist immer noch nicht zufrieden mit dem Ergebnis? Dann liegt das vielleicht daran, dass Dir die passenden Soundeffekte fehlen. Gerade bei der Vertonung eines Films möchte man natürlich auch gerne, dass das Telefon selbst ein paar Geräusche von sich gibt. Passenderweise habe ich gerade einige Soundeffekte veröffentlicht, die Du in Deinen Projekten nutzen kannst. Dazu zählen Klingeltöne, Wartezeichen, Besetztzeichen, Verbindungsaufbau, Tastentöne und vieles mehr.


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**Beitragsbild von Quino Al auf Unsplash


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